Sunday 4 August 2013

"Geschwindigkeit"

Wieder mal reise ich mit der Deutschen Bahn... und wiedermal ist die Reise ereignisreicher als ich es jemals wollte. Ich habe einmal kurz über den Twitter Service der Bahn geredet, diesmal geht es um die Reise selbst. Interessanterweise, wie im Eintrag über Twitter geht es um eine Reise nach Hamburg.

Ich hatte mir eine Weile überlegt, ob ich mal alle meine Erfahrungen mit der Bahn aufschreibe und in einem Buch veröffentliche. Leider ist mir irgendwann aufgefallen, dass sich die Ereignisse immer nur wiederholen. Das ist nicht wirklich gut, wenn ein 50 Seiten Buch 4 Seiten ewig wiederholt.

Ich nehme dies als Vorwand, um meine Geschichte beider Reisen zu erzählen denn sie decken eigentlich so ziemlich alles ab, was man so für einen action-geladenen Thriller braucht, so wie dieser Film mit Keanu Reeves und Sandra Bullock, "Speed",... nur halt... ohne Geschwindigkeit... Es war wirklich alles drinnen: Unangenehmes Schauen auf die Uhr (werden wir es noch schaffen? Wir haben noch 2 Minuten bis die Bomb... sorry der Zug abfährt), viel Rennen (Viiiieeel Rennen), emotionaler, vor Witz strotzender Dialog mit den Bahnangestellten (hierbei "die Handlanger" genannt) und noch vieles mehr. Also stürzen wir uns ins Geschehen. (Auf Grund der Fülle an Material wurde entschlossen zwei Artikel zu machen. Erwarten Sie also gespannt den zweiten Teil der Serie "Geschwindigkeit")

"Geschwindigkeit"


Die Story fängt an mit dem nervenaufreibenden Interface zwischen belgischer und deutscher Bahngesellschaft. Man geht von Leuven nach Lüttich und hat mit der normalen Strecke genau 10 Minuten Umsteigezeit. Was passiert, wenn der belgische Zug Verspätung hat? Man kann sich tolle Dialoge in deutsch, englisch, holländisch oder französisch vorstellen (je nach Angestelltem der einzelnen Gesellschaften):

"Also, Sie wollen von uns die Rückerstattung, weil der Zug der anderen Gesellschaft zu spät in Lüttich ankam? Deshalb konnten Sie unser Angebot nicht wahrnehmen... Ich schlage vor, Sie klären das mit den belgischen Kollegen, die eindeutig Schuld haben."
(deutsche Version)

"Yessss, das iiiist korrrrrekt-e. Unsere öhhhh-e... Sug war verspät-öt, abör Sie benüsen hauptsäschlisch die Süge von die deutsche Kollegön. Wirrrr können Ihnen nischt Geld surück ge-BÖN, weil die grossssse Teil von die Preisss ist von die deutschÖ Kollegön..."
(französische Version)

Der Reisende geht diesem Dilemma aus dem Weg in dem er den Zug eine Stunde früher nimmt. So far, so disastrous. Eine Stunde und zehn Minuten später kommt der ICE von Brüssel nach Frankfurt über Aachen und Köln in Lüttich an. Verdächtigerweise gab es sogar kein Problem mit meiner Reservierung... Hier stimmte etwas nicht. Wenn jetzt noch der Schaffner nett zu mir ist, dann bin ich mir sicher, dass wir in ein US-Gefangenenlager verfrachtet werden. Direkt mit dem Zug... Der Schaffner war nett... der Angstschweiß lief mir schon in Bächen den Rücken herunter als ich dann kurz nach Aachen die "rettende" Durchsage höre.

"Meine lieben Fahrgäste auf Grund einer technischen Störung müssen wir leider außerplanmäßig in Düren halten. Wir bitten alle Fahrgäste dort in einen eigens bereitgestellten Zug  zu wechseln."

Jetzt war ich wieder in gewohntem Gebiet. Kann ja nicht sein, dass das alles glatt läuft! Die alte Kamelle von der technischen Störung. Da ich das schon so in 50% meiner Zugreisen von Belgien nach Deutschland erlebt habe, weiß ich, dass diese "technische" Störung gar nichts mit dem Zug zu tun hat. Der von Köln kommende Zug, der über die Grenze will, darf nur nicht auf Grund bestimmter belgischer Normen auf belgischen Gleisen nicht verkehren. Das lustige ist, dass dieses bekannte Problem seit gefühlt drei Jahren existiert. Eigentlich müsste das schon im Fahrplan festgelegt werden, dieser Stopp.

Das tolle an dem ICE international ist ja, dass die Ansagen nicht nur in deutsch, sondern eben auch in holländisch, französisch und englisch angesagt werden, was zur Folge hat, dass man schon längst am Zielbahnhof ist, bis der Schaffner fertig ist mit den Durchsagen. Die andere Folge ist für mich von etwas lustiger Natur. Ich spreche eben diese vier Sprachen gut genug, um mich auszudrücken und zu verstehen. Wenn ich es mir so recht überlege, fragt mich eigentlich jede Zugfahrt mindestens eine Person, was denn gerade gesagt wurde, denn die Aussprache der Schaffner ist etwas... ausbaufähig. So auch diesmal wieder kam ein Franzose/Wallone zu mir und der altbekannte Dialog fing an.

Er: "Parlez-vous francais?"
Ich: "Oui, un peu."
Er: "Qu'est qu'il a dit?"

Düren ist übrigens ein super Umsteigebahnhof. Keine Überdachung, nicht mal ein Raucherhäuschen (Nein, nicht Raucherhäschen... ihr denkt immer nur an das eine). Da ich auch immer in der Gruppe bin, die auf den anderen Zug wartet und es generell entweder regnet, schneit oder bei gefühlten -78°C windet, wird der dürener Bahnhof für immer einen festen Platz in meinem Herzen haben.

Ok, nach einer gefühlten Ewigkeit kommt dann auch endlich der andere Zug an. Zwischen der breiten Masse an perplex dreinblickenden Passagieren sieht man immermal wieder die genervten Blicke der regelmäßigen Gäste in der ICE international Erlebnisbahn (ein unvorhersehbares Vergnügen für die ganze Familie), die einfach nur dieses Ringelpitz mit Anfassen hinter sich bringen wollen.
Während ich so vor mich her warte, schaue ich immer mal wieder auf die Uhr. Das komfortable Umsteigepolster von ungefähr 50 Minuten, schmilzt dahin wie Eiscreme, die einem dicken Mann beim Sonnen auf den Bauch gefallen ist. Wird es reichen? Die Spannung geht ins Unermessliche... Ich versuche cool mein Buch weiterzulesen, aber jede Minute zählt und dann ist es geschehen, wir kommen in Köln an und ich habe genau 1 Minute, um meinen Anschlusszug nach Hamburg zu erreichen...

Leider will mir das keiner glauben, anders kann ich mir nicht erklären, wie mir mit gefühlt voller Absicht Rollkoffer zwischen die Füße geworfen werden und sich drehende Frauen ihre Handtaschen benutzen, um meine zugegeben unansehnliche Angstfratze zu rearrangieren. Einmal dachte ich gar, dass mir ein Pudel zwischen die Beine rennen will... für den Kick oder so.

Trotzdem schaffe ich es gerade so herein. Ich finde einen Sitzplatz. Der hat auch eine Steckdose (ihr erinnert euch an den Eintrag über die Vorstöße der Bahn bei Twitter?), jedoch werde ich sofort von dem mir gegenüber sitzenden Bodybuilder angelabert. Schade auch, 4 Stunden Zugfahrt und das Gespräch kommt jetzt schon. Ich verdrehe schon geistig die Augen, aber was dann folgen sollte, habe ich so noch nie erlebt.

Ohne es zu wissen, war dieses Wochenende wohl "Schlagermove" in Hamburg und was macht klein Nebelhom? Richtig. Er findet einen Waggon, der vollgestopft ist mit Leuten, die da hinwollen. Außer Abba habe ich leider keine Band erkannt, aber wen stört's. Der Bodybuilder stellte sich als sehr amüsanter und schlagfertiger Gesprächspartner heraus. Die vier Mädels daneben als gutes Quelle von lustig verwirrten Dialogen und natürlich gab es auch eine Frau, die sich über die Lautstärke der Musik, den konsumierten Alkohol und die zu lauten Gespräche immer beschwert.
Diese Melange ergibt, wie ich jetzt weiß, das perfekte Gemisch, um eine ausgelassene Stimmung zu erzeugen (außer für die Person, die sich beschwert natürlich). Ich brauchte diesen Laptop gar nicht. Einfach zurücklehnen und genießen. Ich hätte einen Notizblock mitnehmen müssen. Da kamen mehr dumme Sprüche, wirre Dialoge und Situationskomik zu Stande als ich mir jemals hätte träumen können. Jede Erklärung würde der eigentlichen Begebenheit nicht gerecht werden. Deswegen versuche ich es erst gar nicht und überlasse es dem vorstellungsreichen Leser... Da störten mich nicht mal die standardmäßigen 30 Minuten Verspätung, die wir bei Ankunft mittlerweile hatten ;)

Somit war meine sehr ereignisreiche Reise nach Hamburg beendet. Ich hoffe "Geschwindigkeit" war genau die Story, die ihr erwartet habt... Bald kommt das Folge-Feature :)